Nachdem ihre vierjährige Tochter an Unterernährung starb, machte sich Astur* mit ihren zwei weiteren Kindern zu Fuß auf den Weg ins 90 Kilometer entfernte Baidoa im Süden Somalias. Ihrer zweijährigen Tochter Yasmiin* hat die beschwerliche Reise vermutlich das Leben gerettet. Ein Team von Save the Children brachte sie in eine Klinik, wo Yasmiin unter einem Baum versorgt wurde, bis Stunden später ein Bett frei war. Doch immer mehr Kinder schaffen es nicht rechtzeitig ins Krankenhaus. Im Mai 2022 nahm eine von Save the Children betriebene Klinik in Baidoa 324 Kinder auf – fast dreimal so viele wie im Vorjahreszeitraum. Acht von ihnen starben.
"Seit vier Jahren haben wir keinen Regen mehr gesehen. Wir haben unsere Tiere verloren, und auf unserem Hof wächst nichts mehr. Es gab schon immer Dürren, aber noch nie so schlimm wie diesmal." Astur*, Mutter von Yasmiin*
Die Situation in Somalia eskaliert deutlich schneller als erwartet. Offiziellen Schätzungen zufolge wird sich die Zahl der Menschen, die unter hungerähnlichen Bedingungen leben, bis zum Ende des Sommers verfünffacht haben – von 38.000 im Mai auf 213.000 im September 2022. Rund 386.000 Kinder sind dem Risiko schwerer Mangelernährung ausgesetzt, die zu Sehstörungen, Muskelschwund, Organversagen und schließlich zum Tod führen kann, wenn nicht rechtzeitig medizinische Hilfe geleistet wird.
"Kinder sterben, und ihre Rettung ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Die Welt schlafwandelt auf eine weitere katastrophale Hungersnot zu, obwohl wir 2011 versprochen hatten, das nie wieder zuzulassen. Die Hilfe für Somalia ist völlig unterfinanziert. Die Staatengemeinschaft muss den Kampf gegen Hunger und Unterernährung in Somalia und ganz Ostafrika zu ihrer Priorität machen. Es ist Zeit, aufzuwachen!" Mohamud Mohamed Hassan, Länderdirektor von Save the Children in Somalia
Bei der Dürre vor elf Jahren starben in Somalia fast 260.000 Menschen. Heute sind die Begleitumstände durch die fortschreitende Klimakrise, zwei Jahre Corona-Pandemie und die Folgen des Ukraine-Krieges noch dramatischer. Getreidelieferungen bleiben aus und die Preise für Grundnahrungsmittel steigen so rasant, dass sie für viele Familien unerschwinglich werden.