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28.07.2023

Ecuador: Rubis Leben auf fast 4000 Metern Höhe

In den abgelegenen Gebieten des ecuadorianischen Hochlands wachsen Kinder mit Gewalt, Mangelernährung, schlechten Bildungschancen und einer gewissen Hoffnungslosigkeit auf. Strukturen sind eingefahren und lassen sich nur schwer aufbrechen. Der Kindernothilfepartner FEPP schafft es trotzdem, mit „Intelligenz, Schweiß und Liebe“ nachhaltige Veränderungen in die Gemeinden zu bringen.
Rubioberhalb der Farm hoch oben in den Bergen (Quelle: Martin Bondzio)

(...) Die achtjährige Rubi und ihr Opa José haben mich zu sich nach Hause eingeladen, um mir, dem Mann aus Deutschland, ihre kleine Farm zu zeigen.
Die Herzlichkeit, Gastfreundschaft und Großzügigkeit, die ich immer wieder von den Menschen in unseren Projektländern erfahren darf, erfüllen mich auch hier mit Freude, Dankbarkeit und Demut. Denn das Leben im Hochland ist für die Menschen hart, und darüber kann auch die Postkartenoptik nicht hinwegtäuschen. Auch hier in Juan de Velasco, 50 Kilometer südöstlich von Riobamba in Zentralecuador. Armut, Mangelernährung und Gewalt an Frauen und Kindern sind an der Tagesordnung. Auch das Leben der kleinen Rubi war und ist kein leichtes. Ihre Mutter hat die Familie früh verlassen, der Vater ist kaum zu Hause, da er in Quito auf dem Bau Geld verdienen muss. Deswegen wohne Rubi bei ihnen, erzählt mir José, sie brauche eine sichere Familienstruktur, sie brauche Bildung und Unterstützung, damit ihr die Zukunft offenstehe. Sie solle die Möglichkeit bekommen zu studieren, wenn es das ist, was sie will. Mich überrascht Josés Offenheit und wie reflektiert er mit dem Thema Kinderrechte umgeht, gleichzeitig fühle ich mich ob meiner stereotypischen Denkweise ertappt. Rubi hat unterdessen genug von der Pause und will mir endlich zeigen, wie gut sie schon ihre Kühe melken kann.

Dass José sein Leben auf das Wohl seiner Kinder und Enkelkinder ausgelegt hat, hätte mich nicht überraschen dürfen. Tags zuvor konnte ich die Arbeit des Kindernothilfepartners Fondo Ecuatoriano Populorum Progressio (FEPP) hautnah miterleben. Ich war Gast auf einem Workshop für die „Promotoren“ aus verschiedenen Gemeinden der Region. Hier traf ich auch Ana Cargua von FEPP. Sie hatte kaum Zeit, mit mir zu sprechen, verschiedene Themenfelder wurden konzentriert von den Teilnehmenden abgearbeitet. Im Fokus stand der Rückblick auf das vergangene Jahr. Wo gibt es welche Problemstellungen und wie können Lösungen aussehen? Wie motiviere ich meine Gemeindemitglieder, zu unseren Workshops zu kommen? Wie spricht man das Thema häusliche Gewalt und die Machismo-Problematik an? Wo bekommen wir organischen Dünger her? Die Bandbreite an Themen war gewaltig. In einer Pause schaffte ich es, mit Ana ins Gespräch zu kommen, und sie erzählte mir, dass FEPP bereits seit mehr 40 Jahren in der Region arbeitet.

„Wir bilden Promotoren, man könnte auch Multiplikatoren oder Spezialisten sagen, in verschieden Bereichen aus. Zum Beispiel im Bereich Landwirtschaft oder Gesundheit oder auch Kinderrechte“, erklärte sie mir. Die Promotoren geben dann wieder anderen Personen in der Gemeinde Hilfestellung und gehen proaktiv auf Gemeindemitglieder zu, die von ihrem Wissen profitieren könnten. Veränderungen in den ländlichen Gemeinden in Gang zu setzen, sei extrem schwierig und ein langwieriger Prozess. Es sei elementar, respektierte Gemeindemitglieder für die Arbeit als Promotoren zu gewinnen. So kann die Veränderung organisch von innerhalb der Gemeinde wachsen. Aber das geht nicht über Nacht. Bis sich Strukturen nachhaltig verändern, können Jahre vergehen. Aber Ana verzagt nicht, sondern verweist auf das Motto der Organisation FEPP: mit Intelligenz, Schweiß und Liebe Ecuador verändern! (...)  Mehr