Kinder in Beschäftigung

Unterdrückung und Ausbeutung oder der Anfang eines selbstbestimmten Lebens? – Der Versuch einer Bestandsaufnahme

Worum geht es?

Kinder sind im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention alle Menschen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.

Kinder in Beschäftigung (Children in employment) meint alle ökonomischen Tätigkeiten von Kindern, sowohl formell als auch informell, im privaten oder öffentlichen Bereich, mit und ohne Bezahlung. Dies waren laut Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) im Jahre 2017 etwa 218 Millionen Kinder, das ist etwa jedes zehnte Kind.

Kinderarbeit (Child labour) bezeichnet gemäß den ILO-Definitionen alle Tätigkeiten, die gegen rechtliche Normen verstoßen (Altersbeschränkungen und Höchstgrenzen der Arbeitsdauer) und somit die seelische, geistige und körperliche Entwicklung des Kindes beeinträchtigen können.

Gefährliche Kinderarbeit und andere schlimmste Formen der Kinderarbeit (Hazardous work and other worst forms of child labour) sind alle Tätigkeiten, die eine akute Gefahr für Gesundheit, Sicherheit oder die Moral des Kindes darstellen. Hierzu zählen auch alle Formen der Sklaverei wie Kinderhandel, Kinderheirat, Schuldknechtschaft und die Rekrutierung von Kindern für den Einsatz in bewaffneten Konflikten. Weitere schlimmste Formen von Kinderarbeit sind das Heranziehen, Vermitteln oder Anbieten eines Kindes zur Prostitution, zur Herstellung von Pornografie sowie zur Gewinnung von und zum Handel mit Drogen.

Trends

Die Herausforderung, Kinderarbeit zu beenden, ist nach wie vor gewaltig. Insgesamt ca. 152 Millionen Kinder - 64 Millionen Mädchen und 88 Millionen Jungen - sind nach ILO-Schätzungen weltweit im Jahre 2016 in Kinderarbeit. Fast die Hälfte dieser Kinder - 73 Millionen in absoluten Zahlen - arbeitet unter ausbeuterischen und oft gesundheitsschädlichen und gefährlichen Bedingungen.

Laut dem aktuellen Bericht der ILO, Global Estimates of Child Labour, hat sich die Zahl der Kinder, die weltweit arbeiten müssen, im Zeitraum von 2012 bis 2016 um 9,7% (16 Millionen) verringert. Damit setzt sich ein Trend fort, der seit der Veröffentlichung der ersten globalen Schätzungen der ILO für Kinderarbeit im Jahr 2000 zu beobachten war. Im 16-Jahres-Zeitraum ab 2000 wurde eine Reduktion von 94 Millionen Kindern in Kinderarbeit verzeichnet. Die Zahl der Kinder in gefährlicher Arbeit hat sich im gleichen Zeitraum um mehr als die Hälfte verringert. Bei der Bekämpfung der Kinderarbeit wurden also durchaus Fortschritte erzielt. Allerdings hat sich die Geschwindigkeit des Rückgangs in den letzten vier Jahren verlangsamt – was primär auf den Klimawandel, Naturkatastrophen und bewaffnete Konflikte zurückzuführen ist – und sie ist viel zu langsam, um die schlimmsten Formen der Kinderarbeit bis zum Jahre 2025 ganz abzuschaffen, wie es in Ziel 8.7. der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung gefordert wird.

In Afrika ist der Anteil der Kinderarbeit mit 19,6 Prozent am höchsten. Fast jedes zehnte Kind in Afrika ist von den schlimmsten Formen der Kinderarbeit betroffen. Dazu zählen unter anderem Kinderprostitution und -pornografie, der Einsatz als Soldat/innen, Arbeit unter Tage und Leibeigenschaft.

Es folgt die Region Asien und Pazifik, mit 62,1 Mio. (bzw. 7,4%). In Lateinamerika, der Karibik und Nordamerika liegt die Zahl bei 10,7 Mio. (bzw. 5,3%), im Nahen Osten bei 1,2 Mio (2,9%).

Der überwiegende Teil der Kinder, knapp 71 Prozent, arbeitet in der Landwirtschaft. Bei der ersten Schätzung der ILO 2000 -2012 lag dieser Anteil noch bei 58,6 Prozent, also relativ nimmt der Anteil im landwirtschaftlichen Sektor zu bzw. in den anderen Sektoren nimmt er schneller ab.

Entgegen dieser globalen Trends steigt die Kinderarbeit wieder in Gebieten, die von den Folgen des Klimawandels sowie von gewaltsamen Konflikten akut betroffen sind.

Kinderarbeit, Klimawandel und Naturkatastrophen

Gerade weil Kinderarbeit überwiegend ein ländliches Phänomen ist, wirken sich die Folgen des Klimawandels auch hier besonders aus. Klimawandel und Umweltzerstörung resultieren in einer Verschärfung der Armut. Ländliche Gebiete, in denen die Existenzgrundlage von Familien vom Land abhängt, werden durch Umweltzerstörung und Klimawandel erheblich beeinträchtigt. Die Haushalte sind abhängig von fruchtbarem Boden, einer zuverlässigen Wasserversorgung und Holz für die Energiegewinnung. Da Wettermuster immer unberechenbarer werden und sich Dürren, Extremtemperaturen, stark abweichende Niederschlagsmuster, Überschwemmungen und andere Umweltveränderungen häufen, decken die Ernten nicht länger den Ernährungsbedarf von Familien, die Subsistenzwirtschaft betreiben. Weil jegliche soziale Absicherung fehlt, müssen Familien auf die Maßnahmen zurückgreifen, die ihnen zur Verfügung stehen: Migration in besser gestellte – meist urbane  – Gebiete und/oder Kinderarbeit, da erwachsene Ernährer allein nicht genug zum Einkommen beitragen können. Migration – sowohl saisonal als auch dauerhaft – ist als eine der wichtigsten Ursachen für Schulabbrüche von Kindern anzusehen, weil Kindern in Migration keine oder nur unzureichende Schulen zur Verfügung stehen.

Die Kombination aus armen Lebensverhältnissen, geringen Bildungschancen und fehlenden guten  Arbeitsbedingungen für junge Menschen führen dazu, dass mehr Kinder unter gefährlichen und schädlichen Bedingungen arbeiten müssen. Anhand von fünf Fallstudien aus Nepal, Indien, Burkina Faso, Peru und Nicaragua hat der terre des hommes Kinderarbeitsreports 2017 ausführlich geschildert, wie ökologische Veränderungen dafür verantwortlich zu machen sind, dass Kinder in ausbeuterische Arbeit gedrängt werden.

Naturkatastrophen wie Erdbeben und Wirbelstürme sind für Kinder weit gefährlicher als für Erwachsene. Dies ist eine zentrale Aussage des Weltrisikoberichts 2018 von „Bündnis Entwicklung Hilft“. Kinder seien körperlich schwächer, psychisch weniger belastbar und rechtlich oft weniger geschützt. Nach dem jüngsten Tsunami in Sulawesi sind indonesische Kinder nun verstärkt von Menschenhändlern bedroht. Sie nutzen das Chaos, um unbegleitete Kinder in die Prostitution zu zwingen oder als Arbeitssklaven in der Landwirtschaft zu verkaufen.
Fast jedes vierte Kind weltweit lebt in einem Land, das von Naturkatastrophen betroffen ist.

Kinderarbeit und bewaffnete Konflikte

Bewaffnete Konflikte schwächen den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft, unterbrechen Wirtschaftskreisläufe und führen nicht selten zum Zusammenbruch der Bildungssysteme. Der Mangel an schulischen Angeboten kombiniert mit wachsenden sozialen Notlagen führt dazu, dass eine steigende Anzahl von Kindern durch Arbeit zum Familieneinkommen beiträgt. Dies gilt sowohl für Kinder in den Krisenregionen wie auch für  Kinder, die aus Kriegsgebieten geflohen sind, wie terre des hommes es am Beispiel des Syrienkonflikts aufzeigt. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, insbesondere Mädchen, sind zudem besonders gefährdet, Opfer von Kinderhandel zu werden. Auch Zwangsrekrutierungen durch bewaffnete Gruppen sind – aller teils erfolgreichen Bemühungen der Vereinten Nationen zum Trotz – immer noch an der Tagesordnung.

Kriege und Konflikte führen zu einem erneuten Anstieg von Zwangsverheiratungen junger Mädchen in diesen Gebieten. Dies ist vor allem für den Südsudan, dem Jemen, aber auch für Rohingya- und syrische Flüchtlinge evident. Jedes vierte Mädchen in Südsudan denkt an Selbstmord. Aus Angst vor Frühverheiratung und Gewalt und um ihre Familie finanziell zu entlasten, gaben sudanesische Mädchen an, über ihre körperlichen Grenzen hinweg zu arbeiten, beispielsweise indem sie Feuerholz sammelten und verkauften. Mädchen brechen in Notsituationen früher und 2,5 mal häufiger die Schule ab als Jungen, um ihre Familie durch Arbeit zu unterstützen.

Jugendarbeitslosigkeit

Armut ist die Hauptursache für Kinderarbeit. Es ist deshalb wichtig, menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Kinder zu schaffen, die soziale Teilhabe ermöglichen, und einen Ausweg aus dem Kreislauf der Armut zu schaffen. Doch viele Kinder und Jugendliche sehen sich Arbeitslosigkeit und einem Mangel an Perspektiven gegenüber.

Nach den Zahlen der ILO liegt die Jugendarbeitslosenquote in der MENA-Region 2016 bei ca. 30 Prozent. Darüber hinaus wird geschätzt, dass fast ein Drittel der arbeitenden Jugendlichen in der Region in extremer oder mäßiger Armut lebt. Im Gegensatz dazu liegt die Arbeitslosenquote in Subsahara-Afrika knapp unter 11 Prozent. Allerdings weist die Region mit fast 70 Prozent weiterhin die weltweit höchste Armutsquote unter den arbeitenden Jugendlichen auf. Insgesamt sind 60 - 80 Prozent der afrikanischen und arabischen Jugendlichen entweder arbeitslos oder trotz Arbeit in Armut und an ungelernten, unsicheren Arbeitsplätzen.

Tatsächlich sind 85 Prozent aller neuen Arbeitsplätze weltweit informell. Sie erbringen jungen Menschen nur ein geringes Einkommen und bieten Ihnen kaum Chancen für einen sozialen Aufstieg. Dies betrifft in besonderem Maße Kinder und Jugendliche auf dem afrikanischen Kontinent.

Über 50 Prozent aller Jugendlichen glauben daher nicht daran, dass Wirtschaftswachstum ihre Beschäftigungssituation verbessern würde. Enttäuschung, ein Gefühl der Minderwertigkeit, Perspektivlosigkeit und Gewaltbereitschaft sind die Folgen des Ausschlusses aus dem wirtschaftlichen, politischen und sozialen Leben ihrer Länder.

Time to Talk – Wie gestalten wir Arbeit für Kinder?

Dass gefährliche Kinderarbeit und andere schlimmste Formen der Kinderarbeit vorrangig bekämpft werden müssen und Kinder daraus befreit werden müssen, ist international wohl unstrittig.

Der Schutz vor ausbeuterischer Kinderarbeit wird sowohl durch die UN-Kinderrechtskonvention (KRK), als auch durch Kernarbeitsnormen der ILO  geregelt. Das Recht auf Schutz von Kindern vor jeglichen Formen von Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung ist ein grundlegendes Menschenrecht und in zahlreichen Artikeln der UN-Kinderrechtskonvention verankert. Insbesondere wird der Schutz von Kindern vor wirtschaftlicher Ausbeutung in Artikel 32 konkretisiert.

Schwieriger ist es jedoch, zu bestimmen, wann eine Beschäftigung für ein Kind schädlich wird und was die geeignetsten Maßnahmen für das Wohl arbeitender Kinder sind.

Die ILO- Konvention 138 verpflichtet die Vertragsstaaten, ein Mindestalter von 15 Jahren für die Zulässigkeit von Kinderarbeit gesetzlich festzuschreiben. Laut der Konvention kann eine innerstaatliche Gesetzgebung darüber hinaus zulassen, dass Personen im Alter von 13 bis 15 Jahren bei leichten Tätigkeiten beschäftigt werden. Darunter werden Arbeiten verstanden, die weder für die Entwicklung noch Gesundheit der Kinder schädlich sind, noch den Schulbesuch und ihre Konzentrationsfähigkeit in irgendeiner Form beeinträchtigen.

Weltweit gibt es Bewegungen arbeitender Kinder, die die Definition der ILO nicht bzw. nicht voll teilen. In Lateinamerika und der Karibik sind Bewegungen der „Niños, Niñas y Adolescentes Trabajadores“ aktiv, vor allem in Paraguay, Bolivien, Peru, Argentinien, Kolumbien, Ecuador, Venezuela, Mexiko und Guatemala. Sie fordern primär, nicht die Arbeit der Kinder zu verbieten, sondern ihren Beitrag auch sozial anzuerkennen. Sie setzen sich für ein Recht auf Arbeit ein, um zu verhindern, dass sie in die Illegalität gedrängt und dadurch leichter ausgebeutet werden.

Sie sind getragen von der Überzeugung, dass Kinder mit der Übernahme ökonomischer und sozialer Verantwortung Fähigkeiten zur autonomen Gestaltung ihres Lebens sowie ein Bewusstsein über ihre Bedeutung und ihre Rechte in der Gesellschaft entwickeln. Dazu gehört, dass die Arbeit der Kinder:

  • in Würde und unter guten Bedingungen erfolgt;
  • als ein Recht anerkannt und nicht als Pflicht aufgezwungen wird;
  • respektiert und geschützt wird durch nationale Gesetze;
  • nicht durch Verbote diskriminiert und ausgebeutet wird.

Ein Streitpunkt ist das Mindestalter der ILO-Konvention. Die Kinder betonen, es sei unabhängig von ihrem Alter notwendig, „genau zu unterscheiden zwischen wirtschaftlicher Ausbeutung und Arbeit als einer Tätigkeit, die Güter und Dienstleistungen produziert, die für uns, unsere Familien und die Gesellschaft lebenswichtig sind."

In der Debatte um die Festlegung von Mindestalter empfiehlt zum Beispiel das Child Rights International Network (CRIN), dass bei einem Zugang von Kindern zu einer Anstellung, welche das Kind nicht gefährdet, neben dem Alter auch die Kapazitäten der Kinder berücksichtigt werden müssen. Anstatt die Arbeit von Kindern unter 15 Jahren generell zu verbieten, sollten Staaten durch Regulierung sicherstellen, dass Kinder eine angemessene Bezahlung und Arbeitnehmerrechte genießen können und ihre anderen Rechte nicht beeinträchtigt werden.

ILO-Vertreter halten dem entgegen, dass 32 Prozent der von Kinderarbeit betroffenen Kinder im Alter von 5- 14 Jahren nicht zur Schule gehen. Das sind laut ILO 36 Millionen Kinder, die von Schulbildung komplett ausgeschlossen sind. Die 68 Prozent Kinder dieser Altersgruppe, die zur Schule gehen können, hätten häufiger Schwierigkeiten beim Lernen, da sie durch die Arbeit erschöpft seien, an den Folgen der Arbeit leiden würden und nicht ausreichend Zeit zum Lernen hätten.

Auch der Jugendbeirat von Plan International Deutschland e.V. setzt sich in seiner Kampagne „Education not for Sale“ daher primär für das Kinderrecht auf Bildung ein. Bildung sei der Schlüssel, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen und eine sichere ökonomische Grundlage zu erlangen.

Ein weiterer Kritikpunkt der Bewegungen arbeitender Kinder ist, dass sie bislang vor der ILO nicht das Recht bekommen haben, ihre Meinung zu äußern, gehört zu werden und an den Entscheidungen beteiligt zu werden, die sie betreffen.

Vielleicht ist dies der entscheidende Punkt: dass die Erwachsenen den Kindern, die sich selber für ihren Schutz und ihre Rechte einsetzen, nicht genügend zuhören. Kindernothilfe, terre des hommes und Save the Children Canada initiierten daher mit finanzieller Unterstützung durch das BMZ die internationale Kampagne "It's Time to Talk - Children's Views on Children's Work“. Ziel der Kampagne ist es, die Stimmen von arbeitenden Kindern aus vielen verschiedenen Kontexten zu sammeln, damit sie bei lokalen, nationalen und globalen Treffen zur Kinderarbeit gehört und berücksichtigt werden können. Im Rahmen der Kampagne wurden rund 2.000 arbeitende Kinder aus 37 Ländern zu ihrer Lebenssituation, den Ursachen von Kinderarbeit und ihren Lösungsvorschlägen befragt. Die Antworten zeigen zum einen eine große Vielfalt der Arbeitswelten und Kontexte, aber auch, dass Kinder klare Vorstellungen haben, wie sie vor gefährlicher und ausbeuterischer Arbeit geschützt werden können, welchen Tätigkeiten sie nachgehen möchten und wie Schule und Arbeit aufeinander abgestimmt werden könnten. Bezeichnend ist auch, dass in Kindergewerkschaften organisierte Kinder in Lateinamerika überproportional angaben, dass sie über ihre Arbeit mitentscheiden können.

Die Verwirklichung des Kinderrechts auf Partizipation und damit die Beteiligung von Kindern bei der Ausgestaltung von Bildungsangeboten wie auch bei der Gesetzgebung, um sie vor erzwungener und gefährlicher Arbeit einerseits zu schützen und würdevolle Arbeit andererseits anzuerkennen und zu fördern, ist daher ein Schlüssel für eine kindgerechte und länderspezifische Ausgestaltung der Arbeitswelt.

Handlungsfelder

Die Ursachen für Kinderarbeit und Kinderhandel sind vielschichtig. Eine grundsätzliche Herausforderung für die Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit und des Kinderhandels sind die weit verbreitete Armut und soziale sowie ökonomische Ungleichheiten.

Konkrete Ansatzpunkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind:

Politik, Gesetzgebung und Rechtsdurchsetzung sowie die internationale Zusammenarbeit stärken, um alle Formen der Sklaverei wie Kinderhandel, Kinderheirat, Prostitution, Schuldknechtschaft und die Rekrutierung von Kindern für den Einsatz in bewaffneten Konflikten wirksam zu bekämpfen.

Soziale Sicherungssysteme zur Stärkung einkommensschwacher Familien wirken Kinderarbeit präventiv entgegen und schützen zugleich besonders benachteiligte Kinder vor der Notwendigkeit, ausbeuterische Arbeiten anzunehmen. Ein sozialer Basisschutz kann helfen, Risiken wie Krankheit, Altersarmut, Arbeitslosigkeit oder Ernteausfall abzumildern.

Kostenlose, verpflichtende, hochwertige Grundbildung ist sowohl eine unmittelbare Alternative zu Kinderarbeit als auch eine Investition in die nachhaltige Beseitigung ausbeuterischer Kinderarbeit. Die Schaffung von qualitativ hochwertigen Bildungsangeboten für Kinder in Migration und Kinder in ländlichen Regionen ist dabei besonders wichtig, um ausbeuterischer Kinderarbeit vorzubeugen.
 


Plan International setzt in einem Projekt in Tansania auf Aufklärung und die Schaffung alternativer Erwerbsmöglichkeiten, um Kinderrechte zu sichern und unterstützt arbeitende Kinder dabei, zur Schulbildung zurückzukehren oder eine Ausbildung zu machen.



Berufsbildende Maßnahmen und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Kinder und Jugendliche schaffen Perspektiven und sichere Einkommen.
 


Schätzungen zufolge arbeiten in Südindien rund 120.000 Mädchen und junge Frauen im sogenannten „Sumangali-System“ in Baumwoll-Spinnereien. Die jungen Frauen werden zwangsweise festgehalten, bekommen wenig zu essen, werden geschlagen, missbraucht oder am Ende ihres Vertrages um die versprochene Prämie betrogen. Das „Tirupur People´s Forum“, das von terre des hommes unterstützt wird, befreit die Mädchen aus den Spinnereien, gibt ihnen Hilfe und Ausbildungsmöglichkeiten und setzt sich für ihre Rechte ein.



Unterstützung der Selbstorganisation von arbeitenden Kindern und Bewusstseinsbildung bei Erwachsenen, z.B. durch die Förderung des Dialogs über die Kinderarbeit in ländlichen Gegenden.
 


Die arbeitenden Kinder Boliviens wollen nach ihren eigenen Regeln leben. Sie kämpfen für ein Kinderrecht auf Arbeit und für würdige Arbeitsbedingungen. terre des hommes unterstützt seit 2001 deren Selbstorganisation im Rat der erwerbstätigen Kinder und Jugendlichen von Potosí.


 
Vorrangig fair gehandelte Produkte konsumieren
und auf Güter verzichten, die durch ausbeuterische Kinderarbeit oder unter Verletzung sozialer Mindeststandards hergestellt werden. So werden dem Weltmarkt Anreize für ausbeuterische Arbeitsverhältnisse entzogen.



Der Jugendbeirat von Plan International Deutschland fordert daher Städte und Kommunen dazu auf, bei der öffentlichen Beschaffung auf faire Alternativen zu setzen. Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt von Engagement Global berät kostenlos Städte und Kommunen in Fragen des Fairen Handels und der Fairen Beschaffung und der Kompass Nachhaltigkeit liefert hierzu umfangreiche Informationen.

terre des hommes zeigt in der Broschüre „Konsum ohne Kinderarbeit“ auch privaten Verbrauchern, den Weg durch die Fair-Trade-Siegellandschaft.


Fazit

Das Spektrum der Kinder in Beschäftigung ist breit und reicht von Formen moderner Sklaverei, über moderatere Arbeitsbelastungen, die aber den Bildungserfolg und damit die Zukunftschancen der Kinder gefährden können bis hin zu angemessenen Tätigkeiten, die ihnen ein besseres Leben in Verantwortung und sozialer Anerkennung ermöglichen.

Die globalen Trends zur Abnahme von Kinderarbeit sind erfreulich. Dennoch ist ihr Tempo deutlich zu langsam, um die schlimmsten Formen der Kinderarbeit bis zum Jahre 2025 abzuschaffen, wie es in Ziel 8.7. der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung gefordert wird.

Insbesondere Kinder in Migration, denen aufgrund der Folgen des Klimawandels oder von Krisen und Konflikten zuhause ihre Existenzgrundlage geraubt wurde, sind besonders gefährdet, Opfer von Kinderhandel, Zwangsheirat, Zwangsrekrutierung und Zwangsarbeit zu werden. Ihnen sollte die internationale Staatengemeinschaft besonderen Schutz gewähren und durch (Weiter-)Bildungsangebote neue Perspektiven geben.

Nicht jede Arbeit ist schlecht für Kinder. Eine altersangemessene Arbeit kann für ein Kind auch den Anfang eines selbstbestimmteren Lebens unter besseren Umständen bedeuten. Die arbeitenden Kinder wissen meist selbst, was ihnen in ihrem jeweiligen Lebenskontext gut tut und was nicht. Sie haben ihre Stimme auch schon längst erhoben, nur gibt es noch nicht genug Erwachsene, die ihnen zuhören wollen. 

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Autoren: Burkhard Vielhaber  | info(at)kinder-und-jugendrechte.de in Zusammenarbeit mit
             Lara Weller, Mitglied des Jugendbeirat von Plan International Deutschland e.V. ,

erstellt im November 2018

Die Inhalte dieses Artikels geben die Meinung des Autors und nicht notwendigerweise die der GIZ oder des BMZ wieder.