Entführt, missbraucht, vertrieben – als Flüchtlinge, Asylsuchende, Nomaden stellen „Children on the move" eine große und zunehmende Herausforderung in Bezug auf den Schutz, die Förderung und Umsetzung von Kinderrechten dar. Aufnahmeländer und Kommunen sind nicht selten überfordert, halten nur wenige adäquate Lösungen bereit – und setzen teilweise sogar Maßnahmen um, die für Kinder schädlich sind und sie erneut traumatisieren.
Derzeit haben fast 50 Millionen Kinder Landesgrenzen überquert oder wurden gewaltsam vertrieben.
Aus diesem Grund haben Terre des Hommes und Save the Children die „Initiative for Child Rights in the Global Compacts“ ins Leben gerufen, in dessen Lenkungsausschuss 26 Organisationen vertreten sind. Die Initiative setzt sich zum Ziel, ein gemeinsames Konzept mit messbaren Standards zu entwickeln, anhand dessen der Schutz für „Children on the move“ gemessen und reflektiert werden kann. Dadurch können die Stakeholder für ihr Handeln leichter verantwortlich gemacht und letztendlich der Kinderschutz verbessert werden.
Basierend auf den Erkenntnissen der „Global Conference on Children on the Move“, die am 12-13.Juni 2017 in Berlin stattfand, sowie zwei Webinaren und zahlreichen Gesprächen mit einzelnen Experten haben Save the Children und Terres des Hommes diese Woche ein Arbeitspapier "Child Rights in the Global Compacts: Recommendations for protecting, promoting and implementing the human rights of children on the move in the proposed Global Compacts“ vorgestellt, das Schutz- und Inklusionsmaßnahmen in Bezug auf sechs Themen enthält, die als vorrangig identifiziert wurden:
1) Nichtdiskriminierung – ein gleichberechtigter Zugang zu Dienstleistungen in einer offenen und toleranten Gesellschaft, in der Vielfalt gelebt wird, sollte geschaffen werden statt Kinder fremdenfeindlichen Angriffen, Hassreden und Kriminalisierung auszusetzen.
2) Handeln im besten Interesse des Kindes – bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, muss der Entscheidungsprozess offen sein und das beste Interesse des Kindes berücksichtigt werden. Regierungen sollten daher den Zugang zu einer freien Rechtsvertretung für alle unterwegs befindlichen Kinder garantieren und insbesondere für unbegleitete Kinder die rasche Ernennung von qualifizierten Erziehungsberechtigten und Beratern sicherstellen.
3) Kinderschutz – das System soll, „Children on the move“ vor Gewalt, Missbrauch, Ausbeutung und Vernachlässigung schützen, Familienzusammenführungen unterstützen und in das nationale Kinderschutzsystem integriert werden.
4) Inhaftierung von Flüchtling- und Migrantenkindern – Kinder sollten niemals und nirgendwo auf der Welt aufgrund ihres Aufenthaltsstatus inhaftiert werden dürfen. Leider ist die Inhaftierung in mehr als 100 Ländern weltweit noch tägliche Praxis.
5) Zugang zu Dienstleistungen für Flüchtlings- und Migrantenkinder – „Children on the move“ haben Anspruch auf Gesundheitfürsorge, Bildung, Sozialschutz und psychosoziale Betreuung, gleichberechtigt mit nationalen Kindern. Alle Flüchtlings- und Migrantenkinder sollten bei der Geburt registriert und mit Dokumenten versehen werden, damit sie auf diese Dienste zugreifen können.
6) Nachhaltige Lösungen im besten Interesse der Kinder – alle Entscheidungen über die Lösungen sollten von Fall zu Fall getroffen werden, um die Sicherheit des Kindes zu gewährleisten und müssen im Einklang mit dem Grundsatz der Nicht- Diskriminierung stehen und die Geschlechterperspektive berücksichtigen. Die Regierungen sollten klare Verfahren zur Feststellung des Flüchtlingsstatus und zur Klärung des ständigen Aufenthaltsstatus machen.
Das Arbeitspapier übernimmt den Rahmen der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) als Modell, um die Fortschritte bei der Erreichung der Ziele für Flüchtlings- und Migrantenkinder zu überwachen. Es definiert zu allen Themen Oberziele und Ziele, die wiederum mit Indikatoren zur Zielerreichung versehen sind.
Darüber hinaus enthält jeder Abschnitt ein oder mehrere Beispiele dafür, wie internationale Standards in einem bestimmten Staat oder einer bestimmten Region umgesetzt wurden, und zwar auf der Grundlage von Informationen und Beispielen, die von internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen zum Schutz und zur Unterstützung von Flüchtlings- und Migrantenkindern geleistet wurden.
Das nur 28 Seiten starke Arbeitspapier ist dicht gefüllt mit Anregungen und Vorschlägen und somit eine wichtige Ressource für den Dialog, der in den nächsten Monaten international weiter geführt werden wird, z.B. auf dem „Globalen Forum für Migration und Entwicklung“, das vom 28. Juni bis 1. Juli 2017 in Berlin stattfindet.
--------------------------------------------------------------------
Autor: Burkhard Vielhaber | info(at)kinder-und-jugendrechte.de | erstellt Ende Juni 2017
Die Inhalte dieses Artikels geben die Meinung des Autors und nicht notwendigerweise die der GIZ oder des BMZ wieder.