Gewalt gegen Kinder in bewaffneten Konflikten

Zentrale Herausforderungen und Ansätze der deutschen Entwicklungszusammenarbeit

Das Thema "Kinder in bewaffneten Konflikten" wird oft als ein rein humanitäres bzw. menschenrechtliches Problem wahrgenommen, das auf die Problematik von Kindersoldaten begrenzt ist. Diese Perspektive ist jedoch verkürzt - es handelt sich dabei um ein Thema, welches eine große Bedeutung für die entwicklungspolitisch relevanten Dimensionen von Krisenprävention und Friedensförderung hat.

Schließlich geht es nicht nur um Kinder, die in bewaffneten Konflikten als Soldaten eingesetzt werden, sondern auch um solche Kinder, die mit bewaffneten Akteuren in anderer Weise in Verbindung stehen und auch solche, die keine Verbindung zu bewaffneten Akteuren haben. Dabei ist zu beachten, dass Kindersoldaten nicht nur als Täter angesehen werden, sondern, dass sie zugleich Opfer sind. Sie haben nicht nur selbst Gewalt ausgeübt, sondern mussten auch selbst physische und psychische Gewalt erfahren. Deshalb erfordert der Umgang mit dem Thema eine breite Agenda, die Gesundheit, Bildung, Erziehung und Sicherheit umfasst. Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zielt darauf ab, in allen genannten Bereichen zu unterstützen und den Schutz von Kindern nachhaltig zu verbessern.

Bewaffnete Konflikte zerstören nicht nur die Infrastruktur und Lebenswelten von Kindern, sondern bringen auch ernsthafte psychische Konsequenzen
mit sich. Die langfristigen Folgen sind katastrophal: ihr Selbstbewusstsein schwindet, sie stumpfen gegenüber Grausamkeiten ab und verwahrlosen emotional. Traumatisierte Kinder können eine verlorene Generation für eine Gesellschaft werden. Das hat auch bedeutende wirtschaftliche und politische Folgen für die Zukunft des Landes.

Wiedereingliederung von Kindersoldaten

Die Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration (engl. Disarmament, Demobilisation & Reintegration - DDR) von ehemaligen Kämpfern und Kämpferinnen stellt eine wichtige Voraussetzung dar, um das Wiederaufflammen von Gewalthandlungen zu verhindern und ein sicheres Umfeld für den Prozess der Friedensentwicklung zu schaffen. Während die Entwaffnung und Demobilisierung hauptsächlich durch die militärische Komponente einer Friedensmission durchgeführt wird, ist die Reintegration eher eine Aufgabe des zivilen Personals in enger Zusammenarbeit mit lokalen und internationalen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit.

Mädchen und Jungen sind beide, allerdings in unterschiedlicher Weise, von bewaffneten Konflikten betroffen. Daraus folgen unterschiedliche Bedürfnisse,
die von der Entwicklungszusammenarbeit durch besondere Maßnahmen berücksichtigt werden müssen. Dies trifft insbesondere auf die Reintegration
weiblicher Kindersoldaten zu. Beispielsweise wollen Mädchen oft nicht als Kindersoldatinnen anerkannt werden, da sie Angst haben, aufgrund von sexuellen Handlungen an ihnen als "wertlos" angesehen und von ihren Familien zurückgewiesen zu werden.

Damit sie nicht informell und ohne Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen, psychosozialen und ökonomischen Probleme in ihre Dörfer zurückkehren, bedarf es besonders sensitiver Programme, um Mädchen in die Gesellschaft wieder zu integrieren.

Stärkung der Strukturen zum Schutz und zur Förderung von Kindern in und nach bewaffneten Konflikten

Da bewaffnete Konflikte den normalen Entwicklungsprozess von Kindern unterbrechen, bedürfen traumatisierte Kinder daher auch der psychologischen Hilfe während und nach Ende des Konflikts (psychosoziale Notfallversorgung).

Traumatisierte und von Gewalt geprägte junge Menschen ohne Perspektive greifen auch später zur Konfliktlösung oftmals wieder zur Waffe oder kämpfen in anderen Konflikten weiter. Post-traumatische Belastungsstörungen, bei denen die Betroffenen einem kurz oder lang anhaltenden Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß ausgesetzt waren, müssen daher auch behandelt werden, um Gewaltkreisläufen vorzubeugen. Der Umgang mit ehemaligen Kindersoldaten und anderen, durch Gewalterfahrung geprägten Kindern, ist auch ein Beitrag zur zivilen Krisenprävention, Friedensförderung und Versöhnungsarbeit, um kommenden Generationen das Leid bewaffneter Konflikte zu ersparen.

Arbeit, Bildung und Beschäftigungsförderung

Die Aufrechterhaltung des Bildungssystems und der Betrieb von Bildungseinrichtungen auch während bewaffneter Konflikte ist deshalb von zentraler Bedeutung, um den Kindern im Schulalltag Stabilität, Normalität und eine Perspektive aufzuzeigen. Studien belegen, dass Kinder, die keine Schule besuchen können, ein höheres Risiko haben, als Kindersoldaten rekrutiert zu werden. Auf der anderen Seite werden aber gerade auch Schulen oft als Orte für zwangsweise Massenrekrutierungen durch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen genutzt, um Kinder mit gewaltfördernden Botschaften zu beeinflussen und anzuwerben.

Kinder im globalen Süden müssen meist sehr früh einer Beschäftigung nachgehen. Die WHO schätzte 2013, dass 168 Millionen Kinder arbeiteten, knapp die Hälfte davon unter schwersten Bedingungen. 73 Millionen Jugendliche suchten 2013 erfolglos nach einer Beschäftigung. Jugendliche waren dabei im globalen Durchschnitt drei Mal so oft arbeitslos wie Erwachsene. Diese Situation erleichtert es bewaffneten Akteuren Kinder und Jugendliche zu rekrutieren und für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

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Quelle:

Kinder- und Jugendrechte konkret
Informationen zu den Rechten junger Menschen in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit
S. 38ff.

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