Rund eine Milliarde Kinder und Jugendliche leben nach Schätzung des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) in Gebieten mit bewaffneten Konflikten. In den vergangenen zehn Jahren haben rund zwei Millionen Kinder in pewaffneten Konflikten ihr Leben verloren. Die Zahl der Verletzten ist um ein Vielfaches höher. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) sind von rund 44 Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen über 20 Millionen - also fast die Hälfte Kinder.
Die einleitenden Zahlen verdeutlichen, dass Kinder in aller Welt massiv unter der Brutalität und den Folgen bewaffneter Konflikte leiden. Die Verwundbarkeit folgt aus den spezifischen Charakteristika der Kriege unserer Zeit. Diese werden heute weniger zwischen Staaten als zwischen staatlichen Streitkräften und nicht-staatlichen, bewaffneten Gruppen geführt. Für 2013 listet das Konfliktbarometer des Heidelberger Instituts für Internationale Konfliktforschung 210 innerstaatliche bewaffnete Konflikte auf. Hauptleidtragender der Gewalt ist die Zivilbevölkerung.
Kinder und Jugendliche sind besonders schutzlos gegenüber Gewalt und systematischen Rechtsverletzungen in Kriegen und Konflikten. Ohnehin betroffen durch Angst, Armut, Hunger und Krankheiten sowie soziale Instabilität, werden sie oftmals gezielt angegriffen, sexuell missbraucht oder als menschliche Schutzschilde eingesetzt. Sie laufen oft Gefahr, durch Landminen schwer verletzt oder getötet zu werden. 2012 war knapp die Hälfte der zivilen Opfer von Landminen Kinder. Minderjährige sind massiv durch die Zerstörung von Schulen und Krankenhäusern betroffen; laut UNESCO haben 2013 28,5 Mio. Kinder aufgrund von bewaffneten Konflikten den Zugang zu Bildungseinrichtungen verloren. Sie haben nur unzureichende Möglichkeiten humanitäre Hilfe zu erhalten. Die Folgen wirken sich auch lange nach Konfliktbeilegung noch verzögernd auf ihre Entwicklung und den weiteren Lebensweg aus.
Obwohl ihr Einsatz in bewaffneten Konflikten weltweit geächtet ist, werden in vielen solcher Konflikte unserer Zeit Kinder für militärische Zwecke rekrutiert und eingesetzt. Als Kinder gelten gemäß der Konvention über die Rechte des Kindes von 1989 (VN-Kinderrechtskonvention) alle Menschen vor Vollendung ihres 18. Lebensjahres. Der Begriff "Kindersoldaten" wird gemäß den Pariser Prinzipien (2007) wie folgt definiert:
"Kinder, die mit Streitkräften oder bewaffneten Gruppen assoziiert sind (Kindersoldaten), sind alle Personen unter 18 Jahren, die von Streitkräften oder bewaffneten Gruppen rekrutiert oder benutzt werden oder wurden, egal in welcher Funktion oder Rolle, darunter Kinder, die als Kämpfer, Köche, Träger, Nachrichtenübermittler, Spione oder zu sexuellen Zwecken benutzt wurden. Ausdrücklich sind es nicht nur Kinder, die aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen haben."
Nach dem im Mai 2013 vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen veröffentlichten Bericht haben im Jahr 2012 55 bewaffnete Gruppen und Regierungstruppen in 14 Ländern unter 18-Jährige als Soldaten missbraucht oder in die gewaltsame Konfliktaustragung einbezogen. Bei den betroffenen Staaten handelt es sich zum Beispiel um Afghanistan, die Demokratische Republik (OR) Kongo, die Elfenbeinküste, Irak,Jemen, Libanon, Libyen, Myanmar, Somalia, Sudan, Südsudan, Syrien, Tschad, Mali und die Zentralafrikanische Republik. Nach Schätzung von UNICEF gibt es weltweit 250.000 bis 300.000 aktive Kindersoldaten - die meisten von ihnen in Afrika und Asien.
Bewaffnete Gruppen und reguläre Streitkräfte setzen Kindersoldaten ein, da sie leicht zu manipulieren sind. In dem Zusammenhang werden Kinder oft entführt und gegen ihren Willen - häufig auch unter dem Einsatz von Drogen - gefügig gemacht. Armut, Perspektivlosigkeit und familiäre Gewalt macht sie dabei für die Verführungen der Täter empfänglich. Unter den Kindersoldaten sind viele Waisen, deren Eltern im Krieg getötet wurden und die nun Schutz oder eine Möglichkeit zur Überlebenssicherung suchen. Andere Kinder wollen Rache für erfahrenes Leid nehmen oder schließen sich den bewaffneten Gruppen aus Loyalität, religiösen oder ideologischen Gründen "freiwillig" an. Die weltweite Verfügbarkeit von Kleinwaffen, die einfach zu bedienen und leicht zu tragen sind, erleichtert ihren Einsatz. In jüngster Zeit werden Kinder vermehrt auch als Selbstmordattentäter eingesetzt.
Kinder, die als Kindersoldaten missbraucht werden, sind insbesondere durch den Verlust ihrer Familie, exzessive Gewalterfahrungen, Drogenmissbrauch und -abhängigkeit sowie soziale Isolation traumatisiert. Besonders schlimm ist die Situation von Mädchen. Über das bereits beschriebene Leid hinaus werden sie häufiger als Jungen Opfer sexueller Gewalt. Daraus folgt ein stark erhöhtes Risiko der Ansteckung mit HIV/AIDSund anderen Infektionskrankheiten. Außerdem werden Opfer von Vergewaltigungen oft von ihrem familiären und heimatlichen Umfeld ausgeschlossen. Ferner werden viele Kindersoldaten im Zuge von Kampfhandlungen getötet oder sterben aufgrund der extremen körperlichen Strapazen.
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Quelle:
Kinder- und Jugendrechte konkret
Informationen zu den Rechten junger Menschen in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit
S. 38ff.
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